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Von Thailand und anderen Abenteuern

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54. Woche

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Samstag 24. November 2012

Nachdem wir nun schon einige Erfahrungen mit Ärzten, Zahnärztinnen und Apothekern gemacht haben, haben wir nun auch das Notfallwesen und einen Spital kennengelernt. Denn Opa ist irgendwie am Sonntag in seinem Schlafzimmer morgens früh um 4 Uhr gefallen und hat sich eine extrem grosse Platzwunde gleich neben der Schläfe zugezogen. Er hätte sich wohl keinen ungünstigeren Zeitpunkt als 4 Uhr morgens an einem Sonntag aussuchen können, denn damit war die Herausforderung noch grösser als sie es so sonst schon ist. Denn aus medizintechnischer Sicht sind wir hier ähnlich wie in einem Bergdorf in der Schweiz gelegen.

Denn Opa verlor Blut, sehr viel Blut in sehr kurzer Zeit und es war ein sprichwörtlicher Kampf gegen die Zeit. Diesen haben wir, um es vorwegzunehmen, schlussendlich gewonnen, Opa geht es so weit gut, er hat nun einfach ein ziemliches Horn und eine rund 10cm lange Wunde, die mit 6 Nähten genäht wurde. Ansonsten ist er erstaunlich gut in Form. Er hat in den letzten Tagen sogar einiges zufriedener ausgesehen und so viel gelacht wie seit langem nicht mehr.

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Da wir natürlich vom Notfall-Einsatz keine Bilder haben, folgen zwischengestreut nun ein paar Photo’s von unserer Haus-Einweihungsfeier, die wir dann weiter unten beschreiben

Allerdings haben wir, ehrlich gesagt, innerlich schon Abschied genommen, als er da am Boden lag und wir die Blutung nicht stoppen konnten. Wir wollten erst, dass ihn jemand vor Ort verarztet, doch einen Arzt gibt es nur in Laem Kruat, also am Festland und das hätte wohl etwas gedauert bis er hier gewesen wäre.

So mussten wir ihn ins nächste Spital überführen und dank Sonja, Monikas Schwester, die ein paar Jahre in einer Notfallaufnahme eines Spitals gearbeitet hatte, erhielten wir telefonische Anweisungen, wie der Druckverband anzubringen ist, denn dies ist bei einer Kopfwunde nicht einfach, wenn man nicht weiss wie. Dank dieses Druckverbandes verlor er dann nur noch wenig Blut und war so transportfähig. Der Pick-up mit Matratze hinten auf der Rampe stand schon bereit und da inzwischen schon fast alle von Chungs Familie und den MitarbeiterInnen da waren, konnten wir ihn komfortabel zu sechst aufladen.

Die ursprünglich geplante und organisierte Route mussten wir dann in Kürze abändern, denn die Strasse bis zum Pier im Norden ist zwar der nähere Weg, aber der Strassenzustand im Moment so schlecht, dass dies die schlechtere Alternative gewesen wäre. Bis zum Pier in Baan SiBoya, im Osten ist die Strasse aber geteert und schnell befahrbar. Das Boot wartet schon, alles wurde blitzschnell organisiert und Chung, sein Sohn Am und Low kamen mit. Die Matratze mit Opa war schnell auf dem Boot. Doch zu allem Unglück war es noch eine wirklich tiefe Ebbe, so dass wir Opa auf der anderen Seite eine 2.5 Meter hohe Treppe, die absolut nicht für solche Transporte gebaut ist, hochhieven mussten. Im ganzen Jahr mussten wir diese Treppe erst ein einziges Mal benutzen, denn so tief ist die Ebbe sonst fast nie…

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Die „Essensausgabe“ an unserer Bar

Im Mini-Bus konnten wir dann auch die Matratze relativ gut einladen und im höchsten Tempo ging es ins nächste Spital nach Nua Klong. Aber auch da wieder ein neues Hindernis, an das wir nicht gedacht hätten. Da dieser Spital klein ist und es Sonntagmorgen war, musste die Notfall-Ärztin erst angerufen werden. Und obwohl eigentlich einige sehr kompetente Krankenschwestern anwesend waren, durften die aus gesetzlichen Gründen nicht eingreifen, denn bei einem Ausländer muss der Arzt erst entscheiden. Wenn Opa Thai gewesen wäre, hätten diese die Wunde problemlos nähen können. In solchen Fällen werden dann Sekunden zu Minuten und Minuten zu Stunden.

Schlussendlich hat es dann aber geklappt und Opa wurde professionell verarztet. Die Hygiene war einwandfrei, die Ausrüstung sehr gut und die Ärztin sehr kompetent. Die Krankenschwestern waren äusserst fürsorglich und alle konnten ein paar Brocken Englisch, die Ärztin sogar sehr gut. Ansonsten wären auch Chung, Am und Low für die Übersetzung da gewesen.

Nach dem Nähen der Wunde war dann auch der Blutdruck in Ordnung und auch das Kardiogramm zeigte keine Unregelmässigkeiten, aber der Puls war langsam. Aus diesem Grund empfahl die Ärztin, dass er eine Nacht zur Beobachtung bleiben soll.

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Letzte Vorbereitungen für’s Einweihungsfest

In Nua Klong hatte es aber keine freien Einzelzimmer und in einem Mehrbett-Zimmer hätten wir nicht auch noch übernachten können. Dies war klar notwendig, denn einerseits wäre er komplett verwirrt gewesen, wäre er in einem Spital in der Nacht aufgewacht und da er kein Englisch kann, hätte er auch seine Bedürfnisse nicht äussern können. Daher fuhren wir in eine Privatklinik nach Krabi, wo sie dann nach rund zwei Stunden Wartezeit in der Notfallaufnahme auch tatsächlich einen privaten Raum hatten. Chung, Am und Low sind nicht von unserer Seite gewichen, bis sie wussten, dass es klappt, obwohl sie aufgrund der letzten Tage der Fertigstellung der Umbauarbeiten eigentlich auf SiBoya genügend zu tun gehabt hätten. Da halfen auch unsere mehrfachen Interventionen nichts, denn eigentlich sprachen im Spital alle etwas englisch und wir hätten problemlos die weitere Organisation regeln können.

Das Spital war in allen Belangen, bis auf zwei Punkte, auf einem Top-Niveau. Kompetentes und sehr nettes Pflegepersonal, genügend kompetente Ärzte, Top-Ausrüstung, sogar ein CT (Computer-Tomograph) war vorhanden. Im Zimmer gab es sogar TV, einen Kühlschrank und einen Kaffee-Kocher.

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Auch die nächste Generation nahm am Einweihungsfest teil (hier die beiden Töchter von Tiu)

Einzig der Raum war ziemlich abgenutzt und würde seit Jahren eine Renovation benötigen. Und der Besucher-Couch war zum Schlafen nicht wirklich geeignet, das Rückenweh am nächsten Tag war extrem. Allerdings konnten wir ehrlich gesagt auch kaum eine halbe Stunde schlafen, denn kaum waren wir eingenickt, rief Opa schon wieder nach dem Urinal. Und das so ca. mindestens jede Stunde einmal. Und obwohl er sonst derzeit rund 16 Stunden am Tag schläft, hat er kein Auge zugetan.

Dementsprechend froh waren wir nach der Visite, dass er nach ein paar weiteren positiv verlaufenen Checks dann am Nachmittag gehen durfte. Der Rücktransport verlief problemlos, Opa hatte allerdings unter „Heimgehen“ zuerst verstanden, dass wir in der Schweiz gehen und fand, dass der Weg zum Flughafen doch ziemlich lange ist. Er freute sich aber sichtlich über die an ihm vorbei ziehende Palmen-Landschaft, denn seit einem Jahr war er nicht mehr weiter vom Haus entfernt als einen knappen Kilometer. Am Pier angekommen stand die Fähre schon bereit mit dem für Opa gerichteten Stuhl. Und einem Fährmann, der Opa spontan so aufhob und alleine aufs Boot trug, dass alle Anwesenden über Opa’s und unsere erstaunte Reaktionen lachten.

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Das Essen, wenn auch für europäische Augen weniger schmackhaft, war wirklich sehr köstlich

Die Überfahrt zauberte dann Opa ein richtig zufriedenes Lächeln ins Gesicht und der Heimflug war schon vergessen. Und wir dann nach rund 40 Stunden Einsatz hundemüde. Ann und Bao, die tags zuvor uns schon mit Tiu und Ihrer Familie in Krabi besucht hatten (obwohl Ann eigentlich frei gehabt hätte und Bao bei der Arbeit war), schliefen dann über Nacht in Opa’s Raum, damit wir uns von den Strapazen etwas erholen konnten und in der Nacht nicht immer ein Ohr offen haben mussten.

Die nächste Nacht übernahm dann Tiu und dann waren wir wieder zwei Nächte in Charge, denn Opa kann noch nicht selber auf die Toilette gehen. Auch eine Art Spitex gibt es hier. Ing, eine Krankenschwester vom Festland, arbeitet mit Ihren zwei Arbeitskolleginnen im ambulanten Zentrum von SiBoya und kam ihn nun an ein paar Tagen besuchen, pflegte die Wunde, nahm den Blutdruck und Puls und kümmerte sich fürsorglich um ihn.

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Gruppenbild mit Blume: Ann, Pa, Tiu, Monika und Tiu’s Mutter (letztere eine wahre Stimmungskanone)

Insgesamt hinterlässt der ganze Notfall-Einsatz mehrere Eindrücke bei uns. Am prägendsten sind sicherlich all die mehr als hilfsbereiten Menschen auf SiBoya, die bereits am frühesten Morgen Ihren vollsten Einsatz lieferten. Dies ist für uns mehr als wertvoll und gibt ein sehr gutes Gefühl. Auch die professionelle Behandlung und Ausrüstung in den Spitälern hinterliess einen guten Eindruck und das Pflegepersonal war durchwegs liebenswert und für uns überraschend, konnten alle ein paar Brocken Englisch.

Optimierbar sind noch etwas die Abläufe bei einem Notfall, denn solche Einsätze hat es hier bis jetzt schlicht und einfach noch nie gegeben. Da Chung aber ein Organisationsprofi ist, wurden die Probleme kurzerhand und schnell gelöst. Und ein Problem löst sich in Kürze von selber, denn demnächst wird das neu gebaute internationale Spital in Krabi geöffnet.

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Der „Ausländertisch“ an unserem Einweihungsfest mit Chung

Diese Erfahrungen können wir auch auf das ganze Gesundheits-System hier in der Region anwenden. Bei allen drei bis jetzt notwendigen Arztbesuchen und den bis jetzt drei Zahnarztbesuchen waren die Ärzte kompetent und sprechen fliessend Englisch, das Pflegepersonal zuvorkommend und ebenfalls etwas englischsprachig und auch die Apotheker hier verfügen alle über eine mehrjährige Ausbildung mit Abschluss und sehr guten Englisch-Kenntnissen. Und auch die Infrastruktur ist auf einem modernen Niveau, unsere Zahnärztin verfügt beispielsweise über einen Zahnarztstuhl, wie er auch in vielen schweizerischen Praxen noch im Einsatz ist.

Das einzige was uns etwas auffällt, ist das die Ärzte für unseren Geschmack etwas zu viel auf westliche Pharma-Medikamente zurückgreifen und das Wissen über östliche alternative Heilmethoden anscheinend etwas verloren gegangen ist. Und zum Schluss: Die Kosten sind hier schon fast lächerlich tief. Thais haben eine staatliche Versicherung, die alle Behandlungen abdeckt und wir mussten auch als Ausländer nicht wirklich tief in die Tasche greifen.

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Gruppenbild: links Mo, eine Schwägerin von Tiu, Jade die Schwester, daneben die Mutter von Tiu, Tiu und Ihre Tochter Nun im Arm und Ann

Die Notfallbehandlung in Nua Klong mit drei Krankenschwestern und einer Ärztin, die mit allen Checks über eine Stunde dauerte kostet CHF 15.-. Und die Übernachtung im Spital mit Privatzimmer, Vollpension, stündlichen Test und Checks auch in der Nacht, den ärztlichen Visiten sowie allen Medikamenten für die nächsten Tage kostet nicht mal ganze 180 Schweizer Franken….

So, nun genug über das eigentlich schwierige Thema geschrieben leiten wir über zu unserem Hauseinweihungsfest, das schon lange auf diesen Mittwoch geplant war. Zwar haben wir das Haus ja nicht neu gebaut, sondern nur intensiv renoviert, aber dies war ein Anlass all den Arbeitern, die sich seit nunmehr 15 Monaten irgendwie an den Renovationen beteiligten, zu danken. Irgendwie ähnlich wie bei uns bei der „Aufrichte“ werden alle beteiligten Arbeiter dazu eingeladen.

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Die ersten Gäste: Hinten neben mir Marco und Mam, vorne Ro und Pa

Damit hat es sich aber auch schon mit den Ähnlichkeiten, ausser dass es Essen gibt. Erster augenfälliger Unterschied: Die Party findet am Mittag statt. Zweiter grosser Unterschied: es gibt keinen Alkohol (sind ja alle Muslims). Dritter grosser Unterschied: die Frauen sind auch eingeladen und vierter grosser Unterschied: Es wird kombiniert mit einer Zeremonie.

Lusseli, der Schwager von Tiu (und Mann von Jade), der ja unseren Umbau geleitet hatte, kann auch arabisch und ist legitimiert ein Ritual abzuhalten. In eigentlich kleinem Kreise (ca. 15 der rund 40 Gäste) wurde dann im oberen Stockwerk der Segen über das Haus von ihm ausgesprochen. Dabei wurde irgendwie auch das Essen gesegnet und mantra-artig Sätze gemurmelt. Die Teilnehmer sitzen im Kreis und von Zeit zu Zeit werden die Hände abwechslungsweise gegen oben geöffnet, vor der Brust zusammengefaltet und zum Gesicht geführt. Zum Glück waren wir vorher informiert, dass wir diese Bewegungen nicht mitmachen müssen, denn irgendwie fühlt man sich bei einem solchen unbekannten Ritual schon unsicher.

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Lusseli in einer Art Meditation

Danach folgte ein Festschmaus, der anscheinend für die Leute hier nicht alltäglich ist. Gekrönt von einem echten Thai-Dessert schienen die Leute wirklich happy. Die verwendeten Teller stammten übrigens aus der Moschee… Getrunken wird Fanta rot oder grün, hier in Thailand der absolute Renner, für uns Westler ein schon fast ekelhaft gefärbtes und chemisch-süsses Getränk. Die Leute hier aber lieben es.

Nach dem Essen segnete dann Lusseli und die Mutter von Tiu das Haus mit dem Versprühen von geweihtem Wasser mit einer Art Fächer. Dass scheint hier sehr wichtig zu sein, denn erst damit ist der Segnungsprozess abgeschlossen. Die Ernsthaftigkeit mit der dies ausgeführt wurde, unterstrich die Bedeutung. Gleichzeitig amüsierte uns dies auch ein wenig, denn Lusseli ist für uns irgendwie eher ein Freak, denn ein religiöser Mann. Aber er scheint im Dorf anerkannt zu sein für seine religiöse Haltung.

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Lusseli bei der Weihwasser-Versprühung

Nach diesem Ritual ist dann nach ca. 1 ½ Stunden schon Aufbruch angesagt. Hätten wir nicht durch unsere Teilnahme an zwei vorhergehenden Hauseinweihungsfesten gewusst, dass diese fast etwas abrupt abrechen, dann hätten wir schon gedacht, es sei den Leuten hier nicht wohl gewesen. Dem ist aber nicht der Fall, es gehen schlichtwegs wieder alle zurück an die Arbeit. Alle ausser der ganz enge Kreis, der noch etwas bleibt.

Und genau da haben wir dann das Drehbuch etwas abgeändert und die Petanque – Kugeln hervorgeholt. Denn wir wussten bereits, dass die Mutter von Tiu eine passionierte Petanque-Spielerin ist. Denn Petanque ist, selbst für Thailand-Kenner Marco überraschend, eine der weitverbreitetsten „Sport“-Arten hier und ist sogar eine der 4 Sportarten, die am Turnier im Juni in Koh Jum gespielt wurden (neben Volleyball, Takraw und Fussball).

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Beim Petanque

Das haben wir dann auch deutlich gemerkt, denn alle Thais in der Runde spielten wirklich sehr gut und man sah deutlich, dass sie öfters trainieren. Auch die Emotionen gingen beim Spiel hoch und her und so war wohl schon das Zuschauen bei diesem Spiel ein richtiger Genuss. Für uns war es die gelungene Abrundung einer gelungenen Hauseinweihungsparty und alle strahlten, als sie uns verabschiedeten. Einmal mehr sind wir dem Dorf hier etwas näher gekommen und haben anhand der Rückmeldungen anscheinend einen positiven Eindruck hinterlassen.

Gut und nun möchten wir den Beitrag auch beschliessen. Mein Vater und seine Frau Irmgard sind gestern angekommen und besuchen uns für die nächsten 10 Tage hier. Nächste Woche werden wir Euch dann auf jeden Fall von Loi Khratong, dem Lichterfest, einem wichtigen Fest hier in Thailand, das am Mittwoch stattfindet, berichten. Zudem werden wir wohl auch noch einen weiteren Ausflug machen und sicherlich wieder etwas darüber zu berichten haben.

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Zum Schluss noch ein Foto von Meau beim Vergnügen mit einem neuen Spielzeug…

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…und wieder einer neu entdeckten Insekte, diesmal eine Gottesanbeterin

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Und Chai befreit einmal mehr als waghalsig unsere Palmen von den Kokosnüssen…

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… da stockt einem nur der Atem, denn dies ist auf rund 20 Meter Höhe


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